Gesellschafterstreit Gesellschafterliste Zwangseinziehung, BGH II ZR 12/17, Gesellschafterliste Zwangseinziehung, Legitimationswirkung Gesellschafterliste, Legitimation Gesellschafterliste, § 16 GmbHG, Justizgewährungsanspruch
Aufgrund meiner Erfahrung aus zahlreichen begleiteten Streitigkeiten unter Gesellschaftern erstreckt sich meine Unterstützung auf:
- die Vorbereitung von Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen im Konfliktfall,
- die Begleitung in Gesellschafterversammlungen im Konfliktfall,
- die Planung von Trennungsstrategien (Fälle der Kündigung, des Ausschlusses und der Einziehung von Gesellschaftsanteilen) und Verteidigungsstrategien hinsichtlich des Verbleibens in der Gesellschaft,
- die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung zur Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen, insbesondere auch im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen sowie
- die Beratung und Vertretung bei der Abberufung bzw. Amtsniederlegung des Geschäftsführers.
Der II. Zivilsenat des BGH hat mit Grundsatzurteil vom 20.11.2018 (GmbHR 2019, 335) klargestellt, dass die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch im Falle eines eingezogenen Geschäftsanteils gilt.
!! Die Gesellschafterliste stellt – neben dem Gesellschaftsvertrag – das wichtigste Dokument der GmbH dar !!
Die Gesellschafterliste gilt im Innenverhältnis als ausschließliche Legitimationsgrundlage der Gesellschafter gegenüber der GmbH (§ 16 Abs. 1 GmbHG) und im Außenverhältnis als Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen (§ 16 Abs. 3 GmbHG).
In diesem Beitrag soll die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste im Rahmen der Zwangseinziehung von GmbH-Anteilen näher dargestellt werden.
I. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste
Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG begründet nach zutreffender h.M. eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang.
Aus rechtsdogmatischer Perspektive ist die – formelle – Legitimationswirkung von der – materiellen – Rechtslage weitgehend entkoppelt.
Dementsprechend setzt die Legitimationswirkung auch keine tatsächlich erfolgte Veränderung im materiellen Sinne voraus. Vielmehr erklärt § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG aus Gründen der Rechtssicherheit allein die Eintragungen in der Gesellschafterliste für maßgeblich, so dass sich auch das Vorliegen einer Veränderung hiernach bestimmt.
Die Legitimationswirkung hat weitreichende Konsequenzen: Der wahre Gesellschafter kann mit Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten nicht länger ausüben.
II. Rechtsschutz gegen die Gesellschafterliste
1.
Ist der materiell berechtigte Neu-Gesellschafter zu Unrecht nicht in der Liste eingetragen, steht ihm gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Eintragung zu.
Der zu Unrecht eingetragene Alt-Gesellschafter kann unter Hinweis auf das nachwirkende Mitgliedschaftsverhältnis die Austragung aus der Gesellschafterliste verlangen.
Im Prozess ist ein solcher Anspruch auf Listenkorrektur im Wege der Leistungsklage gegen die Gesellschaft geltend zu machen.
Im Rahmen des Streitverfahrens setzt sich die materielle Rechtslage gegen die formelle Legitimationswirkung der Gesellschafterliste durch. Andernfalls wäre der Gesellschafter auf Grundlage einer fehlerhaften Gesellschafterliste dauerhaft seiner materiellen Rechtsstellung beraubt. Dies stellt jedoch nicht das Regelungsziel der auf das Innenverhältnis zur GmbH gerichteten Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG dar.
Die Gesellschafterliste kann auch ihre Funktionen nicht erfüllen, wenn dem wahren Berechtigten keine Möglichkeit eröffnet würde, die Liste im Wege eines rechtsförmigen Verfahrens korrigieren zu lassen.
Im Rahmen der prozessualen Durchsetzung des Korrekturanspruchs ist daher – ausnahmsweise – von der Geltung der formellen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG- abzusehen.
Die nachteilige Auswirkung der formellen Legitimationswirkung für den nicht eingetragenen, materiell Berechtigten ist – vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechtes – auch nur dann hinnehmbar, wenn prozessuale oder materielle Schutzmechanismen gewährleisten, dass ein Auseinanderfallen von materieller und formeller Gesellschafterstellung den Ausnahmefall bildet.
Das gilt umso mehr, weil die Gesellschafterliste aufgrund der primären Einreichungszuständigkeit der – juristisch oftmals nicht beschlagenen – Geschäftsführer und des sehr eingeschränkten Prüfungsmaßstabs des Registergerichts keine hinreichende Richtigkeitsgewähr bietet.
Folglich bedarf es aus prozessualer Perspektive eines effektiven Korrekturmechanismus.
2.
Die Gesellschafterliste vermag den Eingetragenen dann nicht zu legitimieren, wenn die aktuelle Liste ohne – zurechenbare – Mitteilung und ohne – zurechenbaren – Nachweis einer Änderung erfolgte.
An einer solchen Zurechnung fehlt es im Falle einer erzwungenen Mitteilung, bei einer von einem falsus procurator oder nicht (voll) Geschäftsfähigen abgegebenen sowie bei einer gefälschten oder vor Listeneinreichung zurückgezogenen Mitteilung.
Zudem liegt ein Verstoß vor, wenn der Geschäftsführer die Gesellschafterliste trotz Kenntnis der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, weil er in diesem Fall vernünftigerweise gerade nicht von einem hinreichenden Nachweis der Veränderung ausgehen kann.
Der Notar hat die von ihm gefertigte Gesellschafterliste nach Maßgabe des § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG von Amts wegen einzureichen. Sie entfaltet die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG nach zutreffender h.M. selbst dann, wenn ihr Inhalt von der beurkundeten Transaktion abweicht.
Auch ein – versehentlicher – Verstoß gegen die Kompetenzordnung nach § 40 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG lässt die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste unberührt.
Anderes gilt freilich für die Listeneinreichung durch einen gänzlich Unbefugten, wie z.B. einen (Nur-)Gesellschafter, Gläubiger oder außenstehenden Dritten.
III. Zwangseinziehung eines GmbH-Anteils
Eine besondere Problemlage ergibt sich im Fall der Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 GmbHG.
Sofern keine abweichenden Regelungen in der Satzung (Gesellschaftsvertrag) vorliegen – wird die Zwangseinziehung im Zeitpunkt der Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen wirksam. Das gilt auch dann, wenn die geschuldete Abfindungsleistung noch nicht erbracht worden ist.
Die wirksame Einziehung führt zugleich zur Vernichtung des betreffenden Geschäftsanteils und zum Untergang aller hiermit verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten.
Gegenüber der GmbH bleibt der von der Einziehung Betroffene gem. § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch weiterhin als Gesellschafter legitimiert, solange keine aktuelle Gesellschafterliste in das Handelsregister aufgenommen worden ist.
Der Geschäftsführer ist allerdings verpflichtet, unverzüglich nach Kenntniserlangung von der Einziehung eine geänderte Gesellschafterliste zu erstellen, zu unterzeichnen und zum Handelsregister einzureichen.
Mit Aufnahme in den Registerordner wird der Listeninhalt im Verhältnis zur Gesellschaft maßgeblich.
Auch in dieser Hinsicht erfolgt keine inhaltliche Prüfung der Gesellschafterliste durch das Registergericht.
Unabhängig von der materiellen Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses ist der von der Einziehung betroffene (Alt-)Gesellschafter nicht mehr in der Lage, im Innenverhältnis zur GmbH seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen.
Dementsprechend kann er auch keine nach seiner Löschung gefassten Gesellschafterbeschlüsse mit Beschlussmängelklagen angreifen.
Anderes gilt freilich vor dem Hintergrund des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs für das Vorgehen gegen den Einziehungsbeschluss selbst.
In diesem Sinne hat der II. Zivilsenat des BGH mit Nichtzulassungsbeschluss vom 29.01.2019 ausdrücklich klargestellt, dass dem (früheren) Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis gegen seinen Ausschluss oder die Einziehung seines Geschäftsanteils trotz sofortiger Wirksamkeit auch dann erhalten bleibt, wenn bereits vor dem Zeitpunkt der Klageerhebung eine neue Gesellschafterliste in das Handelsregister aufaufgenommengenommen worden ist, die ihn nicht länger als Gesellschafter ausweist.
Das ist aus rechtspraktischer Perspektive trotzdem sehr bedenklich, da bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung Jahre vergehen können.
In der Zwischenzeit können die übrigen Gesellschafter das Unternehmen nach Belieben umgestalten.
Selbst wenn der Betroffene im Prozess obsiegt, kann es sein, dass er seine Gesellschaft infolge von Satzungs- und Strukturänderungen bei seiner Rückkehr nicht mehr wiedererkennt.
Das wiegt umso schwerer, als die zwischenzeitlichen Veränderungen meist nur schwer rückgängig gemacht werden können.
Aufgrund der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG bleiben die von den übrigen Gesellschaftern gefassten Beschlüsse auch dann wirksam, wenn der Einziehungsbeschluss nachträglich für nichtig erklärt wird.
IV. Grundsatzurteil des BGH vom 20.11.2018 (BGH II ZR 12/17)
Mit Grundsatzurteil vom 20.11.2018 hat der II. Zivilsenat des BGH nun klargestellt, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen greift.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Sachverhalt
Die beklagte GmbH bestand ursprünglich aus
- dem Kläger mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 62.000,00 €),
- dessen Vater mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 40.000,00 € und
- C mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 98.000,00 €.
Kurz nachdem der Vater seinen Anteil an den Kläger abgetreten hatte, wurde auf einer Gesellschafterversammlung die Zwangseinziehung der Anteile des Klägers und des Vaters beschlossen.
Zum Handelsregister wurde allerdings eine Gesellschafterliste eingereicht, aus der sich die Anteilsübertragung vom Vater auf den Kläger ergab.
Auf die Klage gegen die Einziehung hin erklärte das Gericht die Einziehung des ursprünglichen Geschäftsanteils des Klägers für nichtig, während seine Klage hinsichtlich des abgetretenen Anteils – ebenso wie die Klage des Vaters – ohne Erfolg blieb.
Die Entscheidung wurde rechtskräftig.
Noch bevor eine insoweit korrigierte Liste zum Handelsregister eingereicht wurde, fand eine weitere Gesellschafterversammlung statt, auf welcher C den Kläger in den meisten Fällen überstimmte.
Dabei ging C als Versammlungsleiter davon aus, dass er selbst über eine Beteiligung von 98.000 €, der Kläger hingegen nur über eine Beteiligung von 62.000 € verfügte.
2. Legitimationswirkung nach Einziehung
Im Anschluss an das Berufungsgericht entschied der II. Zivilsenat des BGH, dass dem Kläger die Legitimationswirkung auch für die durch Einziehung vernichteten Geschäftsanteile zugutekommt.
Der II. Zivilsenat erkennt zu Recht, dass infolge der Mitteilung des Einziehungsbeschlusses gegenüber dem Betroffenen dessen Geschäftsanteil vernichtet wird und er aus der Gesellschaft ausscheidet, so dass eine „Veränderung in den Personen der Gesellschafter“ eintritt.
Aber selbst, wenn er nach der Einziehung noch andere Geschäftsanteile hält oder im Zuge einer mit der Einziehung verbundenen Kapitalerhöhung die Beteiligung der übrigen Gesellschafter aufgestockt wird, kommt es jedenfalls zu einer Veränderung „des Umfangs ihrer Beteiligung“.
Infolge dieser „Veränderung in den Personen der Gesellschafter“ stellt sich das von § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG beinhaltete Transparenzgebot bei der Einziehung in gleichem Maße wie bei der Anteilsübertragung.
In beiden Fällen kann auf die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste schwerlich verzichtet werden, um im Interesse der GmbH und der Mitgesellschafter für klare Verhältnisse über die Beteiligungsstruktur zu sorgen.
Auch wenn der eingezogene Geschäftsanteil wegfällt, wird in der Unternehmenspraxis doch vielfach über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses gestritten.
Mit dem Rechtsstreit sind erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf die materielle Rechtslage – und damit in Bezug auf den Gesellschafterbestand – verbunden, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade durch die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste beseitigt werden sollte.
Dementsprechend muss es auch bei der Einziehung bei einer Geltung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG bleiben.
3. Ausnahmen von der Legitimationswirkung
Auch wenn der in der Gesellschafterliste ausgewiesene (frühere) Inhaber der eingezogenen Geschäftsanteile gegenüber der GmbH als Berechtigter gilt und dementsprechend auch sein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung nach Maßgabe des verlautbarten Umfangs ausüben kann, stellt sich für den Fall der Einziehung die Frage nach möglichen Grenzen der Legitimationswirkung.
Als Schranken kommen der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und die gesellschaftsrechtliche Treuepflichtbindung in Betracht.
a. Grundsatz von Treu und Glauben
Heute ist allgemein anerkannt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben – ungeachtet des Wortlauts von § 242 BGB und seiner systematischen Stellung – nicht auf das Recht der Schuldverhältnisse beschränkt ist, sondern die gesamte Rechtsordnung durchwirkt.
Dies gilt in besonderem Maße für gesellschaftsrechtliche Sonderverbindungen, die vielfach durch eine enge persönliche Bindung geprägt sind.
Dementsprechend misst auch der II. Zivilsenat die Rechtsausübung durch den Kläger im vorliegenden Sachverhalt an den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und geht zutreffend davon aus, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht schon deshalb entfällt, weil sich nachträglich die Einziehung als wirksam und die Gesellschafterliste daher als unrichtig darstellt.
Andernfalls entstünde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses ein Schwebezustand, der mit dem Regelungsziel des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gänzlich unvereinbar wäre.
Dem wird man in dieser Allgemeinheit leicht zustimmen können, wiesen doch auch die Umstände im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für einen individuellen Rechtsmissbrauch auf.
Dennoch belegt der Umstand, dass sich der II. Zivilsenat in der Sache mit dem Treuwidrigkeitseinwand auseinandersetzt, dass eine Einschränkung der Legitimationswirkung in extrem gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommt.
Die tatbestandlichen Anforderungen an einen solchen Rechtsmissbrauch liegen mit Blick auf das Regelungsziel des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG besonders hoch.
In Parallele zur Einschränkung von Formvorschriften wird man eine Berufung auf die Legitimationswirkung nur dann als Verstoß gegen § 242 BGB ansehen können, wenn schlechthin untragbare Ergebnisse die Folge wären.
Das wird man beispielsweise bejahen können, wenn eine Eintragung mit positiver Kenntnis von Geschäftsführer oder Notar nur zum Schein erfolgt, wenngleich in diesem Fall die h.M. bereits die Zurechenbarkeit verneint.
b. Gesellschaftsrechtliche Treuepflichtbindung
Mit Blick auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflichtbindung wird man schwerlich anders entscheiden können.
Der II. Zivilsenat lässt sogar offen, ob das verbandsformübergreifende Rechtsinstitut überhaupt als Schranke der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG in Betracht kommt („wenn überhaupt“).
Für die praktische Rechtsanwendung kommt dem EinEinwandwand des gesellschaftsrechtlichen Treupflichtverstoßes – als Ergänzung zum Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB – daher keine eigenständige Bedeutung zu.
4. Legitimationswirkung und Einziehungsgrund
a. Einziehungsgrund in der Person des Listengesellschafters
In Bezug auf den wichtigen Grund für die Einziehung des Gesellschaftsanteils – wie der BGH zutreffend hervorhebt – ist auf die Person des Listengesellschafters abzustellen.
Umgekehrt scheidet eine Anwendung des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG indes aus, weil die Vorschrift bereits nach ihrem Wortlaut nur für „eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung“, nicht aber für eine Rechtshandlung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter gilt.
Der Regelungszweck des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG ist ausschließlich darauf gerichtet, dem Erwerber die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte bereits vor seiner Eintragung zu ermöglichen.
Demgegenüber scheidet ein materiellrechtliches Wiederaufleben des durch Einziehung vernichteten Geschäftsanteils aus.
b. Einziehungsgrund in der Person des wahren Berechtigten
Es besteht Einigkeit darüber, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG unterschiedslos mitgliedschaftliche Rechte wie mitgliedschaftliche Pflichten umfasst.
Die einhellige Auffassung nimmt daher für den zur Einziehung berechtigenden Grund allein auf die Person des Listengesellschafters Bezug.
Das Regelungsziel des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG, für Rechtssicherheit und Transparenz der Beteiligungsverhältnisse zu sorgen, kann nur erreicht werden, wenn hinsichtlich aller innergesellschaftlichen Vorgänge die Gesellschafterliste die maßgebende Legitimationsgrundlage bildet.
Die Richtung der Legitimationswirkung auf das „Verhältnis zur Gesellschaft“ soll lediglich klarstellen, dass sich die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft beschränkt und grundsätzlich keine Wirkung im Verhältnis zu außenstehenden Dritten zeitigt.
V. Zusammenfassung
1.
Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gilt auch für eingezogene Geschäftsanteile.
2.
Einschränkungen ergeben sich nur, soweit
- eine Gesellschafterliste dem Verantwortlichen nicht zurechenbar ist,
- wesentliche Verfahrensgrundsätze nicht eingehalten worden sind oder
- wenn die Berufung auf den Listeninhalt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.
3.
Zudem steht die Legitimationswirkung der Geltendmachung des materiellrechtlichen Anspruchs auf Listenkorrektur in einem Zivilprozess nicht entgegen.
Ungeachtet einer Änderung der Gesellschafterliste kann sich der – frühere – Gesellschafter mittels Anfechtungsklage gegen seinen Ausschluss oder die Einziehung seines Geschäftsanteils trotz sofortiger Wirksamkeit prozessual zur Wehr setzen.
4.
Die unwiderlegliche Vermutung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG bezieht sich auf die gesamte Gesellschafterstellung mit allen mitgliedschaftlichen Rechten und Pflichten.
Dementsprechend richtet sich das Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Einziehung allein nach der Person des Listengesellschafters.
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