Bei Gesellschafterstreitigkeiten, die in einer Gesellschafterversammlung einer Zwei-Personengesellschaft (50:50 GmbH) ausgetragen werden – Abberufung Gesellschafter-Geschäftsführer, Ausschluss Gesellschafter, Einziehung Geschäftsanteil, Zwangsabtretung Geschäftsanteil – ist es von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, ob Beschlüsse durch einen Versammlungsleiter festgestellt werden können.
Hierdurch wird der Grundstein für die nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung – Beschlussmängelklage, Anfechtungsklage, Feststellungsklage – gelegt: Der Gesellschafter, der durch einen Beschluss belastet wird, muss diesen Gesellschafterbeschluss gegenüber der Gesellschaft anfechten. Der anfechtende Gesellschafter trägt die Anwaltskosten und Gerichtskosten persönlich, während auf der anderen Seite die Gesellschaft – an der er beteiligt ist – die Anwaltskosten und Gerichtskosten trägt. Dies ist oft streitentscheidend.
Die entscheidende Position des Versammlungsleiters
Gemäß § 48 Abs. 1 GmbHG werden Beschlüsse der Gesellschafter einer GmbH „in Versammlungen gefasst“.
Wie diese Versammlungen durchzuführen sind, ist gesetzlich – abgesehen von den Bestimmungen über die Einberufung, §§ 49 bis 51 GmbH – nur unzureichend geregelt. Nahezu alle weiteren Regelungen finden sich daher entweder in der Satzung der GmbH oder sind durch Rechtsprechung entstanden.
Regelmäßig besteht – solange sich die Gesellschafter verstehen – keine Notwendigkeit, dass ein Versammlungsleiter die Gesellschafterversammlung leitet. Ein Gesellschafterbeschluss wird gefasst und dokumentiert.
Besteht allerdings zwischen den Gesellschaftern Streit oder ein Konflikt, ist von besonderem Interesse, dass die Gesellschafterversammlung durch einen Versammlungsleiter geführt wird, der für eine ordnungsgemäße, neutrale, sachgerechte und effiziente Erledigung der Tagesordnung sorgt. Ein von den beteiligten Gesellschaftern akzeptierter Versammlungsleiter kann helfen, die notwendige Sachlichkeit zu gewährleisten.
Bei der entscheidenden Frage, ob und mit welchem Inhalt ein Gesellschafterbeschluss gefasst wurde, obliegt ausschließlich dem Versammlungsleiter die Entscheidung darüber, ob und welche Stimmen wirksam abgegeben wurden und welche Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen sind.
Steht allerdings der Versammlungsleiter im Lager einer Streitpartei, kann dies seine Sicht der Dinge über die Gültigkeit oder Ungültigkeit abgegebener Stimmen und damit auch auf das Beschlussergebnis – mit den dargestellten Kostenfolgen – maßgeblich beeinflussen. Die Position des Versammlungsleiters kann somit strategisch genutzt werden, um die eigene Position in einem folgenden Rechtsstreit zu stärken.
Wie wird ein Versammlungsleiter eingesetzt?
In der Satzung der GmbH kann er direkt bestimmt werden oder es kann angeordnet werden, dass die Gesellschafterversammlung Einen zu wählen hat. Die Satzung kann hierbei konkrete Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters oder seine Bestimmung enthalten.
Darüber hinaus können die Gesellschafter bei jeder Gesellschafterversammlung einen Versammlungsleiter stellen, sofern sie sich einig sind oder über die erforderliche Mehrheit verfügen.
Versammlungsleiter kann jede in der Gesellschafterversammlung anwesende geschäftsfähige natürliche Person sein.
Die Einsetzung erfolgt lt. BGH durch Beschluss mit einfacher Mehrheit, Mitteilung des Beschlusses gegenüber dem Gewählten und die Annahme der Wahl durch den Versammlungsleiter. Die Wahl eines Versammlungsleiters ist ein organisatorischer Akt und bedarf damit keiner vorherigen Ankündigung in der Tagesordnung.
Bei der Wahl zum Versammlungsleiter sind alle Gesellschafter stimmberechtigt, auch diejenigen, die bei der eigentlichen Tagesordnung – Abberufung Gesellschafter-Geschäftsführer, Ausschluss Gesellschafter, Einziehung Geschäftsanteil, Zwangsabtretung Geschäftsanteil – einem Stimmverbot unterliegen. Somit kann sich ein Mehrheitsgesellschafter selbst zum Versammlungsleiter wählen und so seine Position für das folgende gerichtliche Verfahren- Beschlussmängelklage, Anfechtungsklage, Feststellungsklage – nicht unerheblich verbessern: Der bestellte Versammlungsleiter ist zur verbindlichen Beschlussfeststellung befugt.
Wie erfolgt die Abberufung eines Versammlungsleiters?
Ein bestellter V. kann durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit – sofern die Satzung der GmbH keine abweichende Regelung enthält – jederzeit wieder abberufen werden.
Sofern allerdings die Satzung der GmbH die Person des Versammlungsleiters bestimmt, kann dieser lt. BGH nur aus wichtigem Grund abzuberufen werden, wobei Stimmverbote zu berücksichtigen sind.