Die stille Gesellschaft – Typisch oder atypisch

Ein strategischer Leitfaden für Unternehmen und Investoren

Stille Gesellschaften stellen eine attraktive Option für Unternehmen und Investoren dar, die nach flexiblen Lösungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung suchen!
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dieses Finanzierungsinstrument ermöglicht es, maßgeschneiderte Vereinbarungen zu treffen, die sowohl rechtliche als auch steuerliche Vorteile bieten. Durch den Einsatz von stillen Beteiligungen können spezifische Finanzierungs- und Beteiligungsziele effizient realisiert werden.

Der Schlüssel zum Erfolg einer stillen Gesellschaft liegt in der präzisen Ausbalancierung verschiedener Elemente: Haftung, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Einfluss auf die Geschäftsführung sowie die Steuerbelastung. Diese Faktoren müssen sorgfältig abgewogen werden, um die Interessen aller Beteiligten optimal zu schützen und die gewünschten wirtschaftlichen Ergebnisse zu erzielen.

In diesem Beitrag werden die Unterschiede zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften beleuchtet und erörtert, wie diese flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten effektiv genutzt werden können, um die Unternehmensfinanzierung zu optimieren und gleichzeitig Risiken zu minimieren. 

Erhalten Sie einen Überblick über die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen und erfahren Sie, wie Sie diese zu Ihrem Vorteil nutzen können. Mein Ziel ist es, Ihnen als Unternehmen oder Investor zu helfen, die Komplexität stiller Beteiligungen zu verstehen und die bestmöglichen Entscheidungen für Ihre spezifischen Bedürfnisse und Ziele zu treffen.

I. Stille Gesellschaft und ihre Funktionen

Die stille Gesellschaft, auch bekannt als stille Beteiligung oder stille Teilhaberschaft, ist eine Form der Unternehmensfinanzierung, bei der eine Person oder eine juristische Einheit (der stille Gesellschafter) Kapital oder andere werthaltige Leistungen in ein Unternehmen einbringt, ohne nach außen als Gesellschafter in Erscheinung zu treten. Diese Form der Partnerschaft bietet dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit, am Gewinn des Unternehmens beteiligt zu sein, wobei das Risiko auf den Verlust der Einlage begrenzt bleibt.

Schlüsselelemente der stillen Gesellschaft

Einlage des stillen Gesellschafters: Typischerweise handelt es sich hierbei um Geldkapital, es können jedoch auch andere wertmäßig einschätzbare und übertragbare Leistungen oder Gegenstände sein. Beispiele hierfür sind Dienstleistungen oder die Bereitstellung von Betriebsausrüstung.

Gewinnbeteiligung: Der stille Gesellschafter erhält einen Anteil am Gewinn des Unternehmens. Die genauen Konditionen der Gewinnverteilung werden individuell vereinbart und im Gesellschaftsvertrag festgehalten.

Diskretion und Anonymität: Der stille Gesellschafter tritt nicht öffentlich in Erscheinung und wird nicht in Gesellschafterlisten oder im Handelsregister aufgeführt. Diese Diskretion macht die stille Gesellschaft attraktiv für Investoren, die ihre Beteiligung nicht publik machen möchten.

II. Vorteile der stillen Gesellschaft: Flexibilität und Diskretion für Unternehmer und Investoren

Die stille Gesellschaft bietet zahlreiche Vorteile, die sie zu einem attraktiven Finanzierungsinstrument für Unternehmen und Investoren macht. Einer der herausragendsten Vorteile ist die fehlende Publizitätspflicht. Stille Gesellschafter bleiben anonym und müssen nicht im Handelsregister eingetragen werden, obwohl eine Eintragung im Transparenzregister möglich ist. Diese Anonymität ist oft ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl dieses Finanzierungsansatzes.

Vorteile im Überblick

  • Anonymität und Diskretion: Die Identität der stillen Gesellschafter bleibt verborgen, was sowohl für private Investoren als auch für Unternehmer von Vorteil ist, die keine öffentliche Aufmerksamkeit auf ihre finanziellen Arrangements ziehen möchten.
  • Begrenzte Haftung: Die Investition des stillen Gesellschafters ist auf die Einlage beschränkt, was das Risiko minimiert. Dies schafft eine sichere Investitionsmöglichkeit, insbesondere bei ungewissen Unternehmensaussichten.
  • Spezialisierte Gewinnbeteiligung: Die Gewinnbeteiligung kann speziell auf bestimmte Unternehmensbereiche oder Projekte ausgerichtet sein, eine Praxis, die oft als “tracking stock” bezeichnet wird. Dies ermöglicht eine zielgerichtete Investition mit potenziell höheren Renditen.
  • Geringe formelle Anforderungen: Die stille Gesellschaft erfordert keine strengen formellen Verfahren; eine einfache Vereinbarung reicht aus (Formfreiheit).
  • Vielseitigkeit für verschiedene Unternehmensphasen: Als Teil der Mezzanine-Finanzierung ist die stille Beteiligung besonders für Unternehmen geeignet, die Eigenkapital benötigen, ohne die Kontrolle über das Unternehmen zu verändern oder zu erweitern.
  • Flexibilität in der Vertragsgestaltung: Die gesetzlichen Regelungen (§§ 230-236 HGB) sind weitgehend abdingbar, was bedeutet, dass die Vertragsparteien die Freiheit haben, von den gesetzlichen Bestimmungen abzuweichen und maßgeschneiderte Vereinbarungen zu treffen. Diese Flexibilität macht die stille Gesellschaft besonders attraktiv für Startups und Mitarbeiterbeteiligungspläne.

III. Nachteile der stillen Gesellschaft: Einschränkungen für Investoren

Während die stille Gesellschaft viele Vorteile bietet, gibt es auch spezifische Nachteile, die potenzielle Investoren berücksichtigen sollten. Diese Nachteile betreffen hauptsächlich die Rechte und Sicherheiten des stillen Gesellschafters.

Nachteile im Überblick

  • Fehlende Mitsprache- und Kontrollrechte: Standardmäßig hat der stille Gesellschafter keine ausgeprägten Informations-, Kontroll- oder Mitspracherechte. Es sei denn, es werden spezifische Bedingungen im Gesellschaftsvertrag festgelegt, die ihm solche Rechte einräumen.
  • Risiko des Kapitalverlustes: Die Einlage des stillen Gesellschafters ist nicht durch bankübliche Sicherheiten geschützt. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens besteht das Risiko eines Totalverlustes der Einlage.
  • Keine Beteiligung am Unternehmenswertzuwachs: Anders als typische Anteilseigner oder Aktionäre partizipiert der stille Gesellschafter nicht am Wertzuwachs des Unternehmens. Sein finanzieller Vorteil beschränkt sich auf die vereinbarte Gewinnbeteiligung, ohne Beteiligung an langfristigen Steigerungen des Unternehmenswertes.

IV. Gründung einer stillen Gesellschaft

Die stille Gesellschaft wird durch eine einfache Vereinbarung zwischen einem Unternehmen und einem stillen Gesellschafter gegründet. Dieser Abschnitt erklärt den Gründungsprozess einer stillen Gesellschaft und die wichtigsten Aspekte, die dabei zu beachten sind.

Wesentliche Schritte zur Gründung einer stillen Gesellschaft

  • Gesellschaftsvertrag: Die Grundlage der stillen Gesellschaft bildet ein Gesellschaftervertrag. Obwohl dieser rechtlich keiner speziellen Form bedarf, wird empfohlen, ihn aus Beweisgründen schriftlich abzuschließen.
  • Rechtliche Struktur: Rechtlich betrachtet, ist die stille Gesellschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die unter die §§ 705 ff. BGB fällt, ergänzt durch die §§ 230 ff. HGB speziell für stille Gesellschaften.
  • Vertragsinhalte: Im Gesellschaftsvertrag werden typischerweise die Höhe und Dauer der Einlage, die Gewinn- und Verlustbeteiligung sowie Details zur Kündigung geregelt. Zusätzlich können individuelle Vereinbarungen über Kontrollrechte, Informationsrechte, Mitspracherechte und eine mögliche Beteiligung am Unternehmenswert (Abfindungsguthaben) aufgenommen werden.
  • Flexibilität in der Vertragsgestaltung: Da gesetzliche Vorschriften zur stillen Gesellschaft weitgehend abdingbar sind, können die Vertragsparteien die Bedingungen frei gestalten. Dies ermöglicht eine Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse beider Parteien.

Mögliche Unternehmensformen für stille Beteiligungen

  • Einzelunternehmen,
  • Personengesellschaften wie GbR, OHG, KG
  • Kapitalgesellschaften wie GmbH & Co. KG und GmbH

Die stille Beteiligung ist somit sowohl bei Personengesellschaften als auch bei Kapitalgesellschaften möglich und wird oft als „GmbH & Still“ bei Kapitalgesellschaften eingesetzt.

Siehe auch Gründung von Gesellschaften, z. B. Einzelunternehmen

V. Unterschiede zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung

Die stille Gesellschaft bietet durch ihre Gestaltungsfreiheit eine Vielzahl von Ausprägungen in der Praxis. Diese Vielfalt führt zur Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung, welche vor allem aus steuerlicher Sicht bedeutend ist.

Typische stille Gesellschaft

Bei einer typischen stillen Gesellschaft hat der stille Gesellschafter keine Mitunternehmerstellung, was bedeutet, dass seine Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden. Charakteristisch für diese Form der Beteiligung sind:

  • Gewinnbeteiligung
  • Verlustbeteiligung: Begrenzt auf die Höhe der Einlage
  • Kontrollrechte: Eingeschränkt
  • Informationsrechte: Eingeschränkt
  • Keine Mitsprache: Der stille Gesellschafter hat keine Mitspracherechte.
  • Keine Vermögensbeteiligung: Es besteht keine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens.
  • Keine Mitarbeit im Unternehmen

Atypische stille Gesellschaft

Im Gegensatz dazu steht die atypische stille Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen wird, was zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Diese Form der Beteiligung umfasst:

  • Gewinnbeteiligung
  • Verlustbeteiligung: Kann über die Einlage hinausgehen
  • Erweiterte Kontrollrechte
  • Erweiterte Informationsrechte
  • Mitarbeit im Unternehmen: Der stille Gesellschafter kann aktiv im Unternehmen mitarbeiten, obwohl keine Vermögensbeteiligung besteht.

Die Klassifizierung in typisch oder atypisch hängt von einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ab, insbesondere der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos. Die vertragliche Vereinbarung ist ausschlaggebend dafür, ob der stille Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen wird oder nicht. Hieraus folgt die steuerliche Einordnung der Einkünfte entweder in Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder in Einkünfte aus Kapitalvermögen.

VI. Grundlagen: Bilanzierung und Steuern der stillen Gesellschaft

Die stille Gesellschaft ist nicht nur ein flexibles Finanzierungsinstrument, sondern bietet auch verschiedene steuerliche und bilanzielle Gestaltungsmöglichkeiten. 

  1. Bilanzierung der stillen Gesellschaft

Beim Geschäftsinhaber / Unternehmen

  • Fremdkapital: Die Einlage des stillen Gesellschafters wird üblicherweise als Fremdkapital bilanziert, was insbesondere im Insolvenzfall nachteilige Auswirkungen haben kann.
  • Eigenkapital: Unter bestimmten Bedingungen, wie einer langfristigen Überlassung des Kapitals (mindestens 5 Jahre), nachrangigem Rückzahlungsanspruch und erfolgsabhängiger Vergütung, kann die Einlage auch als Eigenkapital bewertet werden. Dies verbessert die Bilanzstruktur des Unternehmens.

Beim stillen Gesellschafter

  • Forderung: Standardmäßig wird die stille Beteiligung beim stillen Gesellschafter als Forderung gegen das Unternehmen verbucht.
  • Beteiligung: Alternativ kann die stille Beteiligung so gestaltet werden, dass sie in der Bilanz des Investors als Beteiligung erscheint.
  1. Besteuerung der stillen Gesellschaft

Beim Geschäftsinhaber / Unternehmen

  • Fremdkapital: Der Vermögenswert, der vom stillen Gesellschafter bereitgestellt wird, wird als Fremdkapital betrachtet.
  • Gewinnanteil als Betriebsausgabe: Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters wird als Betriebsausgabe verbucht. Für gewerbesteuerpflichtige Unternehmen werden 25 % des Gewinnanteils dem Gewerbeertrag hinzugerechnet.
  • Doppelbelastung durch Gewerbesteuer: Bei einer Beteiligung im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters kann es zu einer doppelten Belastung durch Gewerbesteuer kommen.

Beim stillen Gesellschafter

  • Teil des Privatvermögens: Einkünfte werden mit der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % besteuert.
  • Teil des Betriebsvermögens: Einkünfte gelten als gewerbliche Einkünfte und unterliegen den Regelungen des Einkommenssteuergesetzes und, falls zutreffend, auch des Gewerbesteuergesetzes.

VII. Kündigung einer stillen Gesellschaft: Regeln und Verfahren

Die Kündigung einer stillen Gesellschaft ist ein wesentlicher Aspekt, der sowohl für den stillen Gesellschafter als auch für das Unternehmen von großer Bedeutung ist. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die Kündigungsmodalitäten, die im Handelsgesetzbuch (HGB) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt sind.

1. Ordentliche Kündigung der stillen Gesellschaft

Die ordentliche Kündigung einer stillen Gesellschaft wird durch die spezifischen Regelungen in § 234 HGB und ergänzenden Paragraphen §§ 132, 133 HGB geregelt. Hier sind die wesentlichen Punkte:

Unbefristete stille Gesellschaft: Kann zum Ende eines Geschäftsjahres gekündigt werden, wobei eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten einzuhalten ist.

Befristete stille Gesellschaft: Eine ordentliche Kündigung ist während der Laufzeit grundsätzlich nicht möglich. Erst nach Ablauf der vereinbarten Zeit kann die Gesellschaft ordnungsgemäß aufgelöst werden.

2. Außerordentliche Kündigung der stillen Gesellschaft

Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung kann eine außerordentliche Kündigung zu jedem Zeitpunkt erfolgen, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Die relevanten Bestimmungen finden sich in den §§ 132, 134, 135 HGB und § 723 BGB. Einige Beispiele für wichtige Gründe sind:

  • Vertragsverletzungen: Wesentliche Pflichtverletzungen des Gesellschaftsvertrages durch eine der Parteien, sei es durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit.
  • Unmöglichkeit der Vertragserfüllung: Wenn es für eine der Parteien unmöglich wird, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Die Entscheidung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, muss anhand der spezifischen Umstände des Einzelfalls bewertet werden.

VIII. Schlusswort: Professionelle Beratung für eine erfolgreiche stille Beteiligung

Die stille Beteiligung ist ein vielseitiges und attraktives Instrument der Unternehmensfinanzierung, das sowohl für Investoren als auch für Unternehmer erhebliche Vorteile bieten kann. Um jedoch das volle Potenzial einer stillen Gesellschaft auszuschöpfen und mögliche Risiken zu minimieren, ist eine sorgfältige vertragliche Gestaltung unerlässlich.

Wichtige Aspekte der Vertragsgestaltung einer stillen Beteiligung

Die Gestaltung einer stillen Gesellschaftsvereinbarung sollte maßgeschneidert auf die spezifischen Bedürfnisse und Ziele beider Parteien abgestimmt sein. Zu den Schlüsselaspekten zählen:

  • Beteiligungsquote und Unternehmensbewertung: Eine faire und transparente Festlegung dieser Werte ist entscheidend für die Zufriedenheit der Parteien.
  • Einfluss auf die Geschäftsführung und Zustimmungsvorbehalte: Diese müssen klar definiert sein, um spätere Konflikte zu vermeiden.
  • Kontroll- und Informationsrechte: Diese Rechte sichern dem stillen Gesellschafter eine gewisse Transparenz und Einflussnahme.
  • Steuerliche und bilanzielle Aspekte der Beteiligung: Eine optimierte Struktur kann steuerliche Vorteile bieten und die finanzielle Belastung minimieren.
  • Gewinn- und Verlustbeteiligung: Diese Konditionen müssen klar und gerecht ausgearbeitet werden, um eine langfristige Partnerschaft zu fördern.
  • Übertragbarkeit der Beteiligung: Flexibilität in der Übertragung kann für den stillen Gesellschafter attraktiv sein.
  • Dauer, Beendigung und Rang von Abfindungsansprüchen: Diese Bedingungen bestimmen die Langfristigkeit und die Ausstiegsszenarien aus der Gesellschaft.

Beratung zum Festpreis

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Rechtsanwalt Gesellschaftsrecht Jörg Streichert
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