Geschäftsanteile richtig übertragen
Wenn in einer GmbH Streitigkeiten um den Ausschluss eines Gesellschafters entstehen, ist oft unklar, was rechtlich mit dessen Geschäftsanteilen geschieht.
In der Satzung der GmbH kann eine Klausel enthalten sein, die es den verbleibenden Gesellschaftern ermöglicht, durch einen einfachen Beschluss die Übertragung der Anteile des ausgeschlossenen Gesellschafters an die Gesellschaft selbst, an andere Gesellschafter oder an Dritte zu fordern (Zwangsabtretung). Diese Regelung bedeutet in der Regel eine schuldrechtliche Verpflichtung des ausgeschlossenen Gesellschafters, seine Anteile zu übertragen.
Rechtliche Grundlagen der Geschäftsanteilsübertragung
Die GmbH-Satzung kann bestimmen, dass Geschäftsanteile ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters eingezogen werden können, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies kann beispielsweise finanzielles Fehlverhalten sein, wie im Fall eines Gesellschafters, der u. a, private Schulden in Höhe von über 9.000,00 € mit Unternehmensmitteln beglichen hat. Daraufhin kann beschlossen werden, dass der Gesellschafter ausgeschlossen wird und verpflichtet ist, seine Anteile zu übertragen.
Prozess und Folgen der Anteilsabtretung
Nachdem ein Ausschlussbeschluss gefasst wurde, wurde die Übertragung der Anteile an einen anderen Gesellschafter beschlossen und durch eine notarielle Abtretungsvereinbarung vollzogen. Die Gesellschafterliste wurde durch den Notar zum Handelsregister eingereicht.
Der betroffene Gesellschafter ging gegen die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste gerichtlich, durch Antrag auf einstweilige Verfügung zur Rückgängigmachung der Änderungen vor.
Das Oberlandesgericht München (OLG München, 23 W 784/21) stellte fest, dass die neue Gesellschafterliste ohne wirksame dingliche Abtretung unrichtig ist. Eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung besteht, jedoch wurde eine solche Übertragung in diesem Fall noch nicht dinglich vollzogen, da der betroffene Gesellschafter nicht an der Abtretungsvereinbarung beteiligt war.
Aber: Der Antragsteller kann keine Korrektur der Gesellschafterliste verlangen, auch wenn er dies wünscht. Andere Gesellschafter haben überzeugend dargelegt, dass es einen triftigen Grund für den Ausschluss des Antragstellers gibt. Da der Antragsteller verpflichtet ist, seine Anteile abzugeben, was zu einer Berichtigung der Gesellschafterliste führt, ist sein Anliegen auf Korrektur rechtlich nicht haltbar. Ein solches Verlangen wäre rechtsmissbräuchlich und würde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen.
Dolo agit (vollständig: dolo agit qui petit quod statim redditurus est) heißt übersetzt „böse handelt, wer fordert, was alsbald herauszugeben ist“ und besagt, dass es rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 242 BGB ist, wenn jemand etwas herausverlangt, was er selbst alsbald herauszugeben verpflichtet ist.
Es war von entscheidender Bedeutung, dass der Notar die Übertragung der Geschäftsanteile beurkundet hat.
Praktische Hinweise für die Gestaltung von Satzungen:
Flexibilität bei der Abtretung von Geschäftsanteilen: Um Flexibilität zu gewährleisten und unflexible Vorgehensweisen zu vermeiden, kann der Gesellschaftsvertrag spezifische Voraussetzungen für die Abtretung von Geschäftsanteilen vorsehen, anstatt eine Zwangseinziehung durchführen zu müssen.
Aufschiebend bedingte Übereignung: In der Satzung lässt sich festlegen, dass die Übereignung von Anteilen erst nach Erfüllung bestimmter Bedingungen wirksam wird. Dies sorgt für vorhersehbare und klare Übergangsregelungen.
Vorweggenommene Vollmacht zur Anteilsübertragung: Die Satzung kann eine Vollmacht vorsehen, die den Geschäftsführer autorisiert, Geschäftsanteile im Namen der Gesellschafter zu übertragen. Dies erleichtert die Abwicklung von Transaktionen und reduziert administrative Hürden.
Ruhen der Gesellschafterrechte: Es ist ratsam, in der Satzung ein vorübergehendes Ruhen der Rechte aus den Geschäftsanteilen bis zur vollständigen Abtretung festzulegen. Dadurch werden Rechtsunsicherheiten und potenzielle Konflikte minimiert, indem deutlich wird, dass die Rechte des betroffenen Gesellschafters in dieser Zeit eingeschränkt sind.
Diese Richtlinien helfen, rechtliche Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu sichern.
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