Der Unternehmenskaufvertrag – Der Unternehmenskauf aus rechtlicher Sicht

Der Kauf eines Unternehmens ist ein komplexer Prozess, der mit bedeutenden rechtlichen und finanziellen Implikationen verbunden ist.
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Ein wesentliches Element dieses Prozesses ist der Unternehmenskaufvertrag, der nicht nur die Bedingungen der Transaktion definiert, sondern auch das Fundament für den Erfolg der nachfolgenden Integration bietet.

Bedeutung des Unternehmenskaufvertrags

Ein Unternehmenskaufvertrag ist das Herzstück jeder Akquisition.

Er legt nicht nur fest, was gekauft wird, ob es sich um Asset Deals oder Share Deals handelt, sondern auch, wie der Kaufpreis strukturiert ist, welche Gewährleistungen und Freistellungen gewährt werden und wie eventuelle Streitigkeiten gelöst werden sollen. Dieses Dokument muss alle Aspekte der Transaktion abdecken, um Unsicherheiten zu minimieren und beide Parteien rechtlich abzusichern.

Funktionen des Unternehmenskaufvertrags

Ein Unternehmenskaufvertrag hat mehrere Schlüsselfunktionen zu erfüllen:

  1. Definition und Sicherheit: Der Vertrag definiert genau, was verkauft wird und zu welchen Bedingungen. Diese Klarheit ist entscheidend, um spätere Konflikte zu vermeiden.
  1. Rechtlicher Rahmen: Er bietet einen rechtlichen Rahmen, der die Interessen beider Parteien schützt, von der Sicherstellung, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, bis hin zur Regelung der Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten.
  1. Festlegung des Preises und der Zahlungsbedingungen: Der Vertrag legt nicht nur den Kaufpreis fest, sondern auch die Bedingungen und den Zeitplan für die Zahlungen, was für die finanzielle Planung beider Seiten von großer Bedeutung ist.
  1. Gewährleistung und Haftung: Er regelt die Gewährleistungen und Haftungen, die zwischen den Parteien vereinbart werden und bietet Mechanismen zur Streitbeilegung, falls nach der Transaktion Probleme auftauchen sollten.

Der Kaufgegenstand als fundamentale Komponente

Im Rahmen eines Unternehmenskaufes ist die Präzisierung des Kaufgegenstandes von entscheidender Bedeutung. Es muss klar definiert werden, ob es sich um einen Asset Deal, bei dem spezifische Vermögenswerte übertragen werden, oder um einen Share Deal, bei dem Anteile an einer Gesellschaft verkauft werden, handelt. Diese Unterscheidung beeinflusst nicht nur die steuerlichen und rechtlichen Überlegungen, sondern auch die Detailtiefe, die in der Beschreibung der übertragenen Assets oder Anteile erforderlich ist.

I. Kaufgegenstand

Der Kaufgegenstand ist das Herzstück eines jeden Unternehmenskaufvertrags.

Beim Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags stellt daher die Definition und genaue Beschreibung des Kaufgegenstandes eine fundamentale Komponente dar. Dies betrifft sowohl Asset Deals als auch Share Deals, wobei die Art des Deals die Spezifikationen und rechtlichen Anforderungen maßgeblich beeinflusst.

1. Definition des Kaufgegenstands in Asset Deals und Share Deals

Asset Deals sind Transaktionen, bei denen spezifische Vermögenswerte eines Unternehmens verkauft werden. Hier ist eine detaillierte Auflistung und Beschreibung jedes einzelnen Vermögensgegenstandes notwendig, um Rechtsklarheit zu schaffen und zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden. Diese können von Immobilien und Maschinen bis hin zu Verträgen und Lizenzen reichen.

Share Deals hingegen beinhalten den Kauf von Anteilen an einer Gesellschaft, wodurch der Käufer indirekt Kontrolle über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft erlangt. Die genaue Bezeichnung und Stückelung der Anteile sind entscheidend, um das Risiko der Falschbezeichnung zu minimieren.

2. Wesentliche Bestandteile und Dokumentation des Kaufgegenstands

Eine präzise Dokumentation ist essenziell, um die Übertragung von Rechten zu gewährleisten und Haftungsfragen klar zu regeln. Dies beinhaltet:

Beurkundungserfordernisse: Insbesondere bei der Übertragung von GmbH-Anteilen ist eine notarielle Beurkundung erforderlich.

Übertragung immaterieller und physischer Güter: Die Übertragung von immateriellen Gütern wie Patente und Marken muss häufig registriert werden, während physische Assets andere spezifische Übergabeakte erfordern.

3. Besonderheiten bei der Übertragung von Vermögensgegenständen

Bei Asset Deals muss die Übergabe jedes einzelnen Assets genau geregelt werden, was auch die Zustimmung Dritter erfordern kann, insbesondere wenn Verträge oder lizenzierte Technologien betroffen sind.

Weiterhin sind die vertraglichen Regelungen zur Übernahme von Verbindlichkeiten zu beachten, welche nicht automatisch mit den Vermögenswerten übergehen.

4. Umgang mit rechtlichen Anforderungen

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn natürliche Personen involviert sind, die unter bestimmte gesetzliche Regelungen wie § 1365 BGB fallen, welche die Zustimmung des Ehepartners erfordern können.

Bei grenzüberschreitenden Verkäufen müssen die rechtlichen Anforderungen beider Länder berücksichtigt und in der Vertragsdokumentation reflektiert werden.

II. Kaufpreis und Mitfinanzierung durch den Verkäufer

Der Kaufpreis und die Mitfinanzierung durch den Verkäufer spielt in einem Unternehmenskaufvertrag spielt eine erhebliche Rolle, um die finanziellen Erwartungen beider Parteien zu erfüllen und eine faire Transaktion zu gewährleisten.

Eine flexible Gestaltung des Kaufpreises kann helfen, Bewertungsdifferenzen zu überbrücken und bietet Möglichkeiten zur Risikoteilung.

Strukturierung des Kaufpreises

Der Kaufpreis wird typischerweise auf Basis einer vorherigen Unternehmensbewertung festgelegt, kann jedoch durch verschiedene Mechanismen angepasst werden, um Bewertungsunterschiede zwischen Käufer und Verkäufer zu überbrücken. Eine übliche Methode ist die Strukturierung des Kaufpreises, die nicht nur einen festen Betrag zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses beinhaltet, sondern auch variable Komponenten, die von der zukünftigen Performance des Unternehmens abhängen.

Modelle der Verkäuferfinanzierung

  1. Vendor Loan (Verkäuferdarlehen): Hierbei gewährt der Verkäufer dem Käufer ein Darlehen, das oft zur Finanzierung eines Teils des Kaufpreises verwendet wird. Dieses Modell ermöglicht es dem Käufer, den Kauf teilweise über die Zeit zu finanzieren, während der Verkäufer als Gläubiger auftritt.
  1. Earn-outs: Dieses Modell bindet einen Teil des Kaufpreises an die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des gekauften Unternehmens. Earn-outs sind besonders nützlich, wenn die zukünftigen Erträge unsicher sind oder sich Käufer und Verkäufer nicht auf den aktuellen Wert des Unternehmens einigen können.
  1. Besserungsscheine/”Anti-Embarrassment”-Klauseln: Diese werden eingesetzt, um den Verkäufer zu entschädigen, falls das Unternehmen nach dem Verkauf bestimmte finanzielle Ziele überschreitet. Sie schützen den Verkäufer vor dem Gefühl, das Unternehmen unter Wert verkauft zu haben.
  1. Staggered Sale: Der Kaufpreis wird in mehreren Stufen gezahlt, oft abhängig vom Erreichen bestimmter Milestones oder finanzieller Ziele durch das akquirierte Unternehmen.
  1. “Versteckter” Kaufpreis: Bei dieser Methode werden zukünftige Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen dem Käufer und dem verkauften Unternehmen etabliert, die als indirekte Kaufpreiszahlungen dienen können, insbesondere bei Outsourcing-Vereinbarungen.

Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsformen

Vorteile:

  • Flexibilität: Die Verkäuferfinanzierung kann helfen, eine Einigung zu erzielen, wenn die direkte Finanzierung durch den Käufer schwierig ist.
  • Risikoteilung: Durch Earn-outs und ähnliche Strukturen wird das Risiko zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt.
  • Liquiditätserhaltung: Der Käufer kann Liquidität schonen, indem nicht der gesamte Kaufpreis sofort gezahlt werden muss.

Nachteile:

  • Komplexität: Die Verträge werden komplizierter und potenziell streitanfälliger.
  • Unsicherheit: Die finale Höhe des Kaufpreises hängt von zukünftigen Entwicklungen ab, die schwer vorherzusagen sind.
  • Abhängigkeiten: Der Verkäufer bleibt finanziell an das Unternehmen gebunden und dessen zukünftige Performance kann sich direkt auf seine Rückzahlungen auswirken.

III. Stichtagsabschlüsse

Stichtagsabschlüsse, oft auch als Closing-Bilanzen bezeichnet, dienen dazu, die finanzielle Situation des Zielunternehmens zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses transparent und verbindlich festzuhalten. Diese Bilanzen sind entscheidend für die endgültige Kaufpreisanpassung und die Ermittlung anderer relevanter finanzieller Kennzahlen.

Zweck von Stichtags- oder Closing-Bilanz

Die Hauptfunktion einer Stichtagsbilanz ist es, eine klare und faire Grundlage für die Abwicklung des Unternehmenskaufs zu schaffen. Sie stellt sicher, dass beide Parteien ein akkurates Verständnis der finanziellen Lage des Unternehmens zum Übertragungszeitpunkt haben. Dies umfasst die Bestätigung des Working Capitals, der Nettofinanzverbindlichkeiten und anderer wesentlicher finanzieller Positionen.

Methodik der Erstellung und Prüfung

Die Erstellung einer Stichtagsbilanz folgt den allgemein anerkannten Bilanzierungsgrundsätzen.

Diese Bilanzen müssen:

  • Konsistent sein: Die Bilanzierungsmethoden, die in vorherigen Abschlüssen verwendet wurden, sollten beibehalten werden, es sei denn, es gibt triftige Gründe für eine Änderung.
  • Transparent sein: Alle signifikanten finanziellen Informationen müssen klar dargestellt werden, einschließlich der Anwendung von spezifischen Bewertungsmethoden.

Die Prüfung der Stichtagsbilanz erfolgt in der Regel durch Wirtschaftsprüfer, die entweder von einer der Transaktionsparteien oder gemeinsam beauftragt werden. Diese Prüfung soll die Richtigkeit der dargestellten Informationen bestätigen und dadurch das Vertrauen in die finanziellen Angaben stärken.

Rolle von Abschlussprüfern

Abschlussprüfer spielen eine maßgebliche Rolle bei der Bewertung der Stichtagsbilanz. Sie überprüfen die Einhaltung der relevanten Bilanzierungsstandards und die korrekte Anwendung der festgelegten Bilanzierungsgrundsätze. Ihre Unabhängigkeit und fachliche Expertise sind entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Abschlusses.

Verhandlungsthemen und Verfahren

Bei der Verhandlung und Festlegung der Details zur Stichtagsbilanz sind mehrere Punkte zu beachten:

  • Maßgeblicher Zeitpunkt: Die Parteien müssen sich einigen, ob die Stichtagsbilanz vor dem Signing, vor dem Closing oder zu einem anderen relevanten Zeitpunkt erstellt wird.
  • Zugangsrechte: Der Käufer sollte sicherstellen, dass er Zugang zu allen relevanten Arbeitspapieren und Dokumenten erhält, die die finanziellen Angaben des Verkäufers stützen.
  • Schiedsverfahren: Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation oder Anwendung der Bilanzierungsregeln kann ein Schiedsverfahren vereinbart werden, das in der Regel schneller und kostengünstiger als ein gerichtliches Verfahren ist.

Rechtsschutz und Schiedsgutachtenverfahren

Die Einrichtung eines Schiedsgutachtenverfahrens kann eine effektive Methode sein, um Streitigkeiten bezüglich der Stichtagsbilanz beizulegen. Hierbei wird ein unabhängiger Gutachter beauftragt, der eine bindende Entscheidung trifft. Dieser Prozess muss klar im Kaufvertrag definiert werden, einschließlich der prozeduralen Vorgaben und des rechtlichen Rahmens.

IV. Closing-Bedingungen

Closing-Bedingungen spezifizieren, unter welchen Voraussetzungen eine Transaktion abgeschlossen werden darf. Diese Bedingungen schützen sowohl Käufer als auch Verkäufer, indem sie sicherstellen, dass alle wesentlichen Aspekte der Transaktion vor dem finalen Eigentumsübergang erfüllt sind.

Liste üblicher Closing-Bedingungen

  1. Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen: Beide Seiten müssen ihre vertraglichen Pflichten erfüllt haben.
  1. Regulatorische Genehmigungen: Notwendige Genehmigungen von Behörden müssen vorliegen, insbesondere bei branchenspezifischen Regulierungen.
  1. Keine wesentliche Verletzung von Gewährleistungen: Es darf keine bedeutende Verletzung der im Vertrag zugesicherten Garantien geben.
  1. Kein Vorliegen eines Material Adverse Change (MAC): Es darf keine wesentliche negative Veränderung in der finanziellen oder operativen Situation des Zielunternehmens seit dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags aufgetreten sein.
  1. Zustimmung von Gremien: Die erforderliche Zustimmung von Aufsichtsräten oder Hauptversammlungen muss vorliegen.

Umgang mit unerwarteten Ereignissen vor dem Closing

Unerwartete Ereignisse können erhebliche Auswirkungen auf den Abschluss der Transaktion haben.

Typische Maßnahmen umfassen:

  • Flexibilität in den Vertragsbedingungen: Vorbereitung auf mögliche Szenarien durch das Einführen von Klauseln, die Anpassungen bei unvorhergesehenen Ereignissen erlauben.
  • Fast Track Arbitration: Einführung eines schnellen Schiedsverfahrens zur Beilegung von Streitigkeiten, um Verzögerungen beim Closing zu vermeiden.
  • Absicherung durch Rücktrittsrechte: Ermöglichung des Rücktritts vom Vertrag unter bestimmten, klar definierten Bedingungen (z.B. bei einem MAC).

Verhandlungsthemen und Streitbeilegung

Bei den Verhandlungen zu den Closing-Bedingungen sind häufig folgende Themen relevant:

  • Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erfüllung der Bedingungen: Bestimmung, ob die Bedingungen vor dem Signing, dem Closing oder zu einem spezifischen Stichtag erfüllt sein müssen.
  • Rollenverteilung bei der Erfüllung der Bedingungen: Klärung, welche Partei für die Erfüllung spezifischer Bedingungen verantwortlich ist.
  • Verwendung von Schiedsgutachtern: Festlegung der Prozesse und Kriterien für die Inanspruchnahme von Schiedsgutachtern zur Lösung von Streitigkeiten bezüglich der Closing-Bedingungen.

V. Finanzierungsrisiken

Finanzierungsrisiken beeinflussen nicht nur die Durchführbarkeit der Transaktion, sondern auch deren Kosten und Struktur. Ein umsichtiger Umgang mit diesen Risiken ist entscheidend, um finanzielle Verluste zu vermeiden und den Erfolg der Akquisition zu sichern.

Identifikation und Bewertung von Finanzierungsrisiken

Die erste Stufe im Management von Finanzierungsrisiken besteht darin, diese zu identifizieren und zu bewerten.

Zu den häufigsten Risiken zählen:

  • Liquiditätsrisiken: Die Gefahr, dass der Käufer nicht ausreichend Kapital zur Verfügung hat, um den Kaufpreis zum erforderlichen Zeitpunkt zu begleichen.
  • Zinsänderungsrisiken: Schwankungen im Zinsniveau können die Kosten von variabel verzinslichen Krediten beeinflussen und somit die Gesamtfinanzierungskosten der Akquisition erhöhen.
  • Kreditrisiken: Das Risiko, dass Kreditgeber ihre Finanzierungszusagen zurückziehen oder neue Bedingungen stellen, die schwer zu erfüllen sind.

Die Bewertung dieser Risiken erfordert eine detaillierte Analyse der aktuellen und prognostizierten finanziellen Lage des Käufers sowie der Marktentwicklung und der politisch-regulatorischen Rahmenbedingungen.

Sicherungsinstrumente und Garantien

Um die identifizierten Risiken zu minimieren, können verschiedene Sicherungsinstrumente und Garantien genutzt werden:

  • Garantien von Drittparteien: Bürgschaften oder Garantien von Banken oder anderen Finanzinstituten können das Kreditrisiko mindern.
  • Rücktrittsklauseln: Diese ermöglichen einem Käufer, vom Kauf zurückzutreten, falls die Finanzierung unerwartet zusammenbricht.
  • Eskrow-Konten und Garantiezahlungen: Die Hinterlegung von Mitteln auf einem Treuhandkonto bis zum Abschluss der Transaktion sichert die Verfügbarkeit der Mittel.
  • Zinssicherungsinstrumente: Der Einsatz von Derivaten wie Zinsswaps oder Futures kann dazu beitragen, das Risiko von Zinsänderungen zu steuern.

Auswirkungen auf die Transaktionsstruktur

Finanzierungsrisiken haben erheblichen Einfluss auf die Strukturierung von Unternehmenskäufen:

  • Finanzierungsvorbehalt: Viele Kaufverträge enthalten Klauseln, die das Closing von der Verfügbarkeit der Finanzierung abhängig machen.
  • Anpassung des Kaufpreises: In einigen Fällen kann der Kaufpreis angepasst werden, um das erhöhte Finanzierungsrisiko zu reflektieren.
  • Stufenweise Zahlung: Die Aufteilung des Kaufpreises in mehrere Tranchen kann das Liquiditätsrisiko für den Käufer reduzieren.

VI. Gewährleistungen und Haftung

Gewährleistungen dienen dazu, den Käufer vor unvorhergesehenen Mängeln zu schützen und die Verantwortlichkeiten klar zu definieren. Dieser Abschnitt zeigt die üblichen Gewährleistungen, die Haftung für Mängel sowie die Grenzen und Ausschlüsse der Haftung auf.

Übliche Gewährleistungen des Verkäufers und des Käufers

Gewährleistungen sind Zusicherungen beider Parteien über den Zustand des Zielunternehmens und anderer relevanter Aspekte der Transaktion. Oft sind diese als selbständige Garantien strukturiert, die keine Beschaffenheitsgarantien nach §§ 443, 444 BGB darstellen.

Diese Garantien decken typischerweise Aspekte wie:

  • Rechtsmängelfreiheit der verkauften Anteile
  • Ordnungsgemäße Aufstellung des Jahresabschlusses
  • Vollständigkeit der Vermögensgegenstände zur Fortführung des Geschäftsbetriebs
  • Einhaltung aller relevanten Gesetze und Vorschriften

Haftung für Mängel und deren Konsequenzen

Die Haftung für Mängel bezieht sich auf die rechtlichen Folgen, die eintreten, wenn sich Gewährleistungen als unrichtig herausstellen.

Im Falle einer Mängelfeststellung können Ansprüche auf Schadenersatz oder andere Rechtsbehelfe geltend gemacht werden, abhängig von den spezifischen vertraglichen Regelungen und dem anwendbaren Recht.

Grenzen und Ausschlüsse der Haftung

Haftungsausschlüsse und -beschränkungen sind übliche Elemente in Kaufverträgen, die dazu dienen, das Risiko für den Verkäufer zu begrenzen.

Beispiele hierfür sind:

  • De minimis-Klauseln und Basket-Regelungen, die kleine Ansprüche ausschließen bzw. erst ab einem bestimmten Schwellenwert zulassen.
  • Cap (Haftungshöchstbetrag), der die maximale Haftung auf einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises oder einen festgelegten Betrag begrenzt.
  • Ausschluss von Folgeschäden, um zu verhindern, dass der Verkäufer für indirekte Schäden oder entgangene Gewinne haftet.

Des Weiteren können spezielle Regelungen für bekannte Sachverhalte oder offengelegte Risiken getroffen werden, bei denen keine Haftung des Verkäufers besteht.

Verhandlungsthemen und rechtliche Überlegungen

Die Verhandlung von Gewährleistungen und Haftungen ist oft komplex und hängt stark von der Verhandlungsposition, der Risikobereitschaft der Parteien und den Ergebnissen der Due Diligence ab.

Wesentliche Verhandlungspunkte sind:

  • Zeitpunkt der Gewährleistungen: Bestimmung, ob die Zusicherungen zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung oder zum Vollzug gelten sollen.
  • Kriterium der Kontrolle und Überprüfbarkeit: Festlegung, inwiefern der Verkäufer die Richtigkeit seiner Angaben überprüfen muss.
  • Schiedsverfahren: Vereinbarung über die Nutzung von Schiedsverfahren zur schnellen und effizienten Beilegung von Streitigkeiten aus Gewährleistungsansprüchen.

VII. Covenants

Der Begriff “Covenants” bezeichnet vertragliche Zusagen oder Vereinbarungen, die in verschiedenen Arten von Verträgen eingebettet sind, um bestimmte Verhaltensweisen der Vertragsparteien zu regeln oder einzuschränken.

Covenants dienen dazu, die Risiken für die beteiligten Parteien zu minimieren und sicherzustellen, dass bestimmte Bedingungen während der Laufzeit des Vertrags eingehalten werden. Sie können sowohl restriktiv als auch gebietend sein.

Covenants sind entscheidend, um die Interessen der Vertragsparteien zu schützen und die Stabilität der Vereinbarung zu gewährleisten, indem sie ein gewisses Maß an Sicherheit und Vorhersehbarkeit bieten.

Bei Verstößen gegen diese Covenants können je nach Vertrag und gesetzlichen Regelungen verschiedene Sanktionen, wie Bußgelder, Schadenersatzforderungen oder die Kündigung des Vertrags, folgen.

Bedeutung operativer Covenants

Operative Covenants stellen sicher, dass das Zielunternehmen im normalen Geschäftsbetrieb geführt wird, um seinen Wert zwischen Signing und Closing zu erhalten.

Beispiele für operative Covenants

  • Führung des Geschäftsbetriebs: Das Unternehmen muss seine Geschäfte wie gewohnt weiterführen und darf keine außergewöhnlichen oder unüblichen Geschäfte tätigen ohne die Zustimmung des Käufers.
  • Verbot von außerordentlichen Maßnahmen: Ohne Zustimmung darf das Unternehmen keine bedeutenden Vermögenswerte veräußern, keine neuen großen Verbindlichkeiten eingehen oder langfristige Verträge abschließen.
  • Informationspflichten: Der Verkäufer muss regelmäßig Berichte über den Geschäftsverlauf und wesentliche Entwicklungen liefern.

Langfristige Verpflichtungen

Nach dem Closing können langfristige Verpflichtungen folgende Formen annehmen:

  • Wettbewerbsverbote: Der Verkäufer kann verpflichtet werden, für eine bestimmte Zeit nach dem Verkauf nicht in derselben Branche tätig zu werden.
  • Übergangsleistungen: Zum Beispiel kann der Verkäufer verpflichtet werden, IT-Dienste, Buchhaltung oder andere unterstützende Tätigkeiten für eine Übergangszeit nach dem Closing zu erbringen.
  • Rückzahlung von Konzerndarlehen: Oft müssen Darlehen zwischen dem Zielunternehmen und anderen Unternehmen des Verkäuferkonzerns vor dem Closing zurückgezahlt oder umstrukturiert werden.

Rechtliche Durchsetzung von Covenants

Die rechtliche Durchsetzung von Covenants kann sehr komplex sein. Wichtige Aspekte sind:

  • Rechtsdurchsetzung: Verträge müssen klare Mechanismen zur Durchsetzung der Covenants enthalten, einschließlich Schiedsverfahren und Gerichtsstandsklauseln.
  • Schadensersatz: Im Falle einer Verletzung der Covenants kann der geschädigten Partei ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.
  • Sicherheitsleistungen und Garantien: Diese können zur Absicherung der Einhaltung von Covenants dienen, insbesondere bei finanziellen Verpflichtungen.

Verhandlung von Covenants

Die Verhandlung von Covenants erfordert eine sorgfältige Abwägung der Geschäftsziele und der Risikobereitschaft beider Parteien. Wichtige Verhandlungspunkte umfassen:

  • Umfang und Dauer von Wettbewerbsverboten: Diese müssen fair und durchsetzbar sein, um rechtlich Bestand zu haben.
  • Flexibilität in der Geschäftsführung: Während operative Covenants Stabilität gewährleisten sollen, müssen sie ausreichend Flexibilität für die normale Geschäftsführung lassen.
  • Regulatorische Genehmigungen: Insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen müssen Covenants oft so gestaltet werden, dass sie regulatorischen Anforderungen in verschiedenen Jurisdiktionen entsprechen.

VIII. Besondere Freistellungen

Besondere Freistellungen zielen darauf ab, bestimmte Risiken auszunehmen und die Verantwortlichkeit für spezifische Verpflichtungen klar zu definieren.

Diese Freistellungen schützen sowohl Käufer als auch Verkäufer vor unvorhergesehenen Verbindlichkeiten, die sich aus der Vergangenheit oder dem Betrieb des Zielunternehmens ergeben können.

Häufige Freistellungen

Die am häufigsten vereinbarten Freistellungen in Unternehmenskaufverträgen betreffen Steuern und Umweltverbindlichkeiten:

  • Steuern: Freistellungen für Steuerverbindlichkeiten, die vor dem Closing entstanden sind, sind üblich, um den Käufer vor nachträglichen steuerlichen Belastungen zu schützen, die aus der Zeit vor der Übernahme resultieren.
  • Umweltverbindlichkeiten: Aufgrund der potenziell hohen Kosten für die Sanierung von Umweltschäden ist es üblich, dass der Verkäufer für bekannte und unbekannte Umweltschäden, die vor dem Closing entstanden sind, haftet.

IX. Verhandlung und Gestaltung von Freistellungen

Die Verhandlung und Ausgestaltung von Freistellungen erfordern eine genaue Analyse der Risiken und eine detaillierte Due Diligence. Die Verhandlungen beinhalten:

  • Umfang der Freistellung: Bestimmung, welche spezifischen Risiken ausgenommen werden sollen.
  • Dauer der Freistellung: Festlegung der Zeitdauer, für die die Freistellungen gelten.
  • Bedingungen der Auslösung: Definition der Voraussetzungen, unter denen die Freistellung greift.

Freistellungen werden oft sehr individuell verhandelt und können stark variieren, je nach der Art des Geschäfts und der spezifischen Risiken, die das Zielunternehmen birgt.

Beispiele aus der Praxis und deren Umsetzung

Ein praktisches Beispiel für eine Freistellung könnte die Absicherung gegen Verbindlichkeiten aus einem laufenden Rechtsstreit sein, der das Zielunternehmen betrifft. In solchen Fällen könnte vereinbart werden, dass der Verkäufer alle Kosten und eventuellen Verbindlichkeiten aus diesem Rechtsstreit trägt.

Ein weiteres Beispiel ist die Freistellung für Verbindlichkeiten, die aus der Nichteinhaltung regulatorischer Anforderungen vor dem Closing resultieren. Hierbei könnte der Verkäufer verpflichtet werden, für alle Strafen oder rechtlichen Konsequenzen aufzukommen, die sich aus diesen Verstößen ergeben.

Rechtliche Durchsetzung von Freistellungen

Die Durchsetzung von Freistellungen im Falle einer Verletzung ist ein kritischer Aspekt, der präzise im Kaufvertrag geregelt sein muss. Es sollte klar definiert sein, wie Ansprüche geltend gemacht werden können, einschließlich:

  • Verfahren zur Geltendmachung: Festlegung der Schritte, die unternommen werden müssen, um einen Anspruch unter einer Freistellung zu erheben.
  • Verjährungsfristen: Bestimmung der Zeitfenster, in denen Ansprüche erhoben werden können.
  • Mitwirkungsrechte des Verkäufers: In vielen Fällen behält sich der Verkäufer das Recht vor, an der Verteidigung gegen Ansprüche, die unter die Freistellung fallen, teilzunehmen.

X. Streitlösungen

Die Streitlösung ist ein kritischer Aspekt in Unternehmenskaufverträgen, da trotz sorgfältiger Planung und Verhandlung Konflikte auftreten können. Die Wahl des geeigneten Streitbeilegungsmechanismus kann erheblichen Einfluss auf die Effizienz, Kosten und Privatsphäre der beteiligten Parteien haben. Es ist daher entscheidend, die Optionen für die Streitbeilegung sorgfältig zu bewerten und entsprechende Klauseln präzise zu formulieren.

Optionen für die Streitbeilegung

Die Hauptoptionen für die Streitbeilegung in Unternehmenskaufverträgen sind Schiedsverfahren und staatliche Gerichte. Jedes Verfahren hat spezifische Vor- und Nachteile:

Staatliche Gerichte

Vorteile:

  • Urteile sind sofort vollstreckbar.
  • Mehrere Instanzenzüge bieten die Möglichkeit, Entscheidungen anzufechten.
  • Verfahren und Rechtsprechung sind oft gut etabliert und öffentlich.

Nachteile:

  • Mögliche Gefahr von “Zufallsergebnissen” durch Richter mit wenig spezifischer Erfahrung in M&A-Transaktionen.
  • Öffentlichkeit des Verfahrens kann für die beteiligten Unternehmen unerwünscht sein.
  • Prozesse können langwierig und kostspielig sein.

Schiedsgerichte

Vorteile:

  • Schiedsrichter haben oft spezifische Erfahrung in M&A-Transaktionen.
  • Verfahren sind nicht öffentlich, was Vertraulichkeit gewährleistet.
  • Kann schneller sein als staatliche Gerichtsverfahren, insbesondere wenn Fast Track-Verfahren verwendet werden.

Nachteile:

  • In der Regel teurer als ein erstinstanzliches Gerichtsverfahren.
  • Schiedsspruch muss oft erst für vollstreckbar erklärt werden.

Formulierung von Streitbeilegungsklauseln

Die Formulierung von Streitbeilegungsklauseln erfordert sorgfältige Überlegungen:

  • Wahl des Verfahrens: Entscheidung zwischen Schiedsgericht und staatlichem Gericht muss basierend auf den spezifischen Bedürfnissen der Transaktion und den Präferenzen der Parteien getroffen werden.
  • Klauseln anpassen: Anpassung der Klauseln an das gewählte Verfahren, einschließlich der Bestimmungen über den Ort des Verfahrens, die anwendbare Schiedsordnung oder Gerichtsordnung, und die Sprache des Verfahrens.
  • Besondere Anforderungen beachten: Bei Verträgen, die beurkundungspflichtige Elemente enthalten oder besondere Regelungen wie Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern erforderlich machen, müssen spezielle formale Anforderungen berücksichtigt werden.

Schlussbemerkung und Ausblick

Der Prozess eines Unternehmenskaufs ist geprägt von komplexen Verhandlungen und tiefgreifenden rechtlichen Überprüfungen, wobei der Unternehmenskaufvertrag das zentrale Instrument darstellt, das den Rahmen für den erfolgreichen Abschluss und die anschließende Integration setzt.

Dieses Dokument, sorgfältig formuliert und präzise in seiner Ausgestaltung, sichert nicht nur die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien, sondern dient auch als Leitfaden durch die unvermeidlichen Herausforderungen und Fragen, die bei solch signifikanten Transaktionen auftreten.

In diesem Sinne ist der Unternehmenskaufvertrag mehr als nur ein juristisches Dokument; er ist ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Planung und Durchführung einer Unternehmensübernahme. Jede Klausel, jedes Detail hat das Potenzial, erhebliche finanzielle und operationale Konsequenzen nach sich zu ziehen, was die Notwendigkeit einer tiefgehenden Due Diligence und einer strategischen Verhandlungsführung unterstreicht.

In der Dynamik globaler Märkte und sich ständig verändernder rechtlicher Landschaften erweist sich die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Vertragsparteien als unverzichtbar. Der Unternehmenskaufvertrag steht somit nicht nur als Abschluss einer Transaktion, sondern vielmehr als Beginn einer neuen Ära der unternehmerischen Bestrebungen, wo durch vorausschauende Planung und klare Vereinbarungen langfristiger Erfolg ermöglicht wird.

Aus Ihrer individuellen Praxis können sich komplexe Fragestellungen ergeben. Für weitergehende Lösungen biete ich Ihnen meine Unterstützung an. Nutzen Sie ergänzend meine online buchbare Rechtsberatung, wenn Sie konkrete Problemstellungen lösen wollen.

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