In einer GmbH dürfen ausschließlich die Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen. Ist die einberufende Person nicht dazu berechtigt, werden sämtliche in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse als ungültig betrachtet.
Eine formelle Einladung durch die Geschäftsführung ist jedoch nicht zwingend erforderlich, wenn alle Gesellschafter gemeinsam beschließen, eine Versammlung zu veranstalten. Diese Vereinbarung unter den Gesellschaftern ersetzt die formelle Einladung und ermöglicht die Durchführung einer gültigen Gesellschafterversammlung.
I. Einberufung durch Geschäftsführer als gesetzlicher Regelfall
Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan einer GmbH. Beschlüsse können entweder in Versammlungen nach § 48 Abs. 1 GmbHG oder, falls alle Gesellschafter einverstanden sind, schriftlich gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG gefasst werden.
Die Verfahrensweisen zur Einberufung dieser Versammlungen sind in den §§ 49 bis 51 GmbHG detailliert geregelt. Typischerweise erfolgt die Einladung durch einen Geschäftsführer mittels Einschreiben, wobei die Gesellschafter mindestens eine Woche vor der Versammlung informiert werden müssen (§ 49 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 GmbHG). Die Tagesordnung muss spätestens drei Tage vor der Versammlung bekannt gemacht werden (§ 51 Abs. 2 und Abs. 4 GmbHG), wird aber in der Regel gleichzeitig mit der Einladung verschickt. Dies gewährleistet, dass sich alle Gesellschafter adäquat vorbereiten können.
Einzelnen Gesellschaftern ist es nicht gestattet, eigenständig eine Versammlung zu einberufen, es sei denn, sie berufen sich auf das Selbsthilferecht nach § 50 Abs. 3 GmbHG.
Versammlungen, die von einer unbefugten Person einberufen werden, sind rechtlich ungültig.
II. Alternative: Verabredung zu Gesellschafterversammlung
Rechtswirksamkeit von Vollversammlungen: Auch wenn eine Gesellschafterversammlung nicht nach den formalen Vorschriften einberufen wurde, sind die Beschlüsse rechtswirksam, vorausgesetzt, alle Gesellschafter sind anwesend und stimmen der Beschlussfassung zu (§ 51 Abs. 3 GmbHG). Dies ermöglicht es Gesellschaftern, ohne formelle Einladung effektiv und einvernehmlich Versammlungen durchzuführen.
Möglichkeiten virtueller Gesellschafterversammlungen: Seit August 2022 können Gesellschafterversammlungen auch digital über Telefon oder Videokonferenz abgehalten werden, wenn alle Gesellschafter ihre Zustimmung schriftlich erteilen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Diese Regelung erlaubt es, dass auch in virtuellen Versammlungen gültige Beschlüsse gefasst werden, solange alle Gesellschafter teilnehmen und zustimmen.
Heilung von Einberufungsmängeln: Fehler bei der Einberufung einer Gesellschafterversammlung können durch eine Vollversammlung oder durch einen Rügeverzicht der Gesellschafter behoben werden. Ein Rügeverzicht bedeutet, dass die Gesellschafter auf die Geltendmachung von formellen Mängeln verzichten, was vor, während oder nach der Versammlung erklärt werden kann.
Diese flexiblen Regelungen unterstützen die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an die dynamischen Anforderungen des Geschäftslebens und vereinfachen die formalen Prozesse bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen.
III. Bestätigung einer Gesellschafterversammlung: Wann gilt eine Vereinbarung als getroffen?
Die Klärung, ob eine verbindliche Vereinbarung zur Durchführung einer Gesellschafterversammlung besteht, benötigt eine detaillierte Untersuchung jedes spezifischen Falls. Wer eine solche Vereinbarung geltend macht, trägt die Beweislast.
Eine bloße Zustimmung zu einem Termin bedeutet nicht automatisch das Vorliegen einer Vereinbarung. Entscheidend ist, dass alle Gesellschafter deutlich und unabhängig voneinander zustimmen, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Versammlung zu halten, ohne dass zusätzliche Schritte, wie etwa die Einmischung eines Geschäftsführers, notwendig sind.
IV. Tagesordnung der verabredeten Gesellschafterversammlung
Gemäß § 51 Abs. 2 GmbHG sollte der Versammlungszweck normalerweise bei der Einladung bekannt gegeben werden. Es ist jedoch zulässig, die Tagesordnung bis spätestens drei Tage vor der Versammlung zu übermitteln, wie in § 51 Abs. 4 GmbHG festgelegt. Die Tagesordnung muss die Themen für die Beschlussfassung klar benennen, eine detaillierte Formulierung der Anträge ist allerdings nicht erforderlich.
Bei einer verabredeten Gesellschafterversammlung existiert oft keine formelle Tagesordnung. Die Gesellschafter sind in der Regel bereits im Vorfeld über den Versammlungszweck informiert. Entscheidungen innerhalb der vereinbarten Tagesordnung oder des Versammlungszwecks können getroffen werden, auch wenn ein Gesellschafter später Einwände erhebt; er muss sich an einen zuvor erklärten Rügeverzicht halten.
Beschlüsse zu Themen außerhalb des vereinbarten Zwecks dürfen nicht gefasst werden, wenn ein Gesellschafter widerspricht. Gemäß der Rosenberg’schen Normentheorie liegt die Beweislast bei den beschlussfassenden Gesellschaftern, dass der Beschluss von dem Rügeverzicht erfasst war.
V. Verzicht auf Teilnahme an einer Gesellschafterversammlung
Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine Gesellschafterversammlung als Vollversammlung gilt, wenn ein Gesellschafter im Voraus auf seine Teilnahme verzichtet. Einige Kritiker bemängeln, dass anwesende Gesellschafter in solchen Fällen die Möglichkeit haben, die Tagesordnung zu ändern und unangekündigte Entscheidungen zu treffen, wie etwa Änderungen am Unternehmensgegenstand.
Nach § 51 Abs. III GmbHG erfordert eine Vollversammlung die Anwesenheit aller Gesellschafter. Fehlt ein Gesellschafter, kann keine Vollversammlung stattfinden. Ein im Voraus erklärter Verzicht auf Teilnahme umfasst oft auch den Verzicht auf die Beanstandung einer unzureichend einberufenen Versammlung.
Anwesende Gesellschafter können gültige Beschlüsse fassen, sofern sie ebenfalls auf die Rüge der Einberufung verzichten. Dieser Verzicht bezieht sich jedoch nur auf die Themen, von denen der abwesende Gesellschafter annehmen konnte, dass sie behandelt werden.
Auch bei vereinbarten Gesellschafterversammlungen, die nicht als Vollversammlung anerkannt werden müssen, können Beschlüsse nur zu Themen gefasst werden, die der abwesende Gesellschafter erwartet hat. Er kann jedoch für zusätzliche Themen nachträglich einen Rügeverzicht erklären.
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